Ehe und Liebesbund

Die Ehe als lebenslange Bindung zweier Partner ist in Chrestonim weit verbreitet, besonders bei den Menschen stellt sie die übliche Form dauerhaften Zusammenlebens dar.
Es gibt jedoch regionale Unterscheide: während in West-Chrestonim rund um den Metchà und in dem Yedeismus anhängenden Yedea die Einehe bisweilen gesetzlich festgelegt ist, kennt Ashrabad bereits zahlreiche Ausnahmen von dieser Regel und in Chiàn schließlich leben die meisten Menschen polygam. Oft sind es bei den Menschen die Männer, die mehrere Frauen besitzen und nicht umgekehrt - wahrscheinlich um sich stärker von den Chirà abzugrenzen, deren Gesellschaft stark von den Frauen beherrscht wird.
Insgesamt betrachtet ist es jedoch so, dass man nur heiratet, um Kindern eine größere Sicherheit zu bieten und um symbolisch zu bekräftigen, dass Mutter und Vater sich gemeinsam um ihre Kinder kümmern werden und um die Familienverhältnisse ( speziell in Dingen der Erbschaft und Clansangehörigkeit ) zu regeln. Als Verbindung zweier Liebenden, die jedoch nicht planen, eine Familie zu gründen, ist die Ehe extrem unüblich, ist sie doch nach dem chrestonischen Verständnis dafür nicht gedacht. (Dafür gibt es den Liebesbund, der weiter unten vorgestellt wird.) Im Gegenteil: wer eine Ehe dazu verwendet, einen Partner dauerhaft an sich zu binden, ohne jedoch eine Familie zu gründen, der missbrauche schlichtweg diese gesellschaftliche Einrichtung, sozusagen als Vortäuschung falscher Absichten eines der Ehepartner. Die Ehe wird zwar von den Tempeln geschlossen, steht jedoch allgemein nicht unter religiösem Schutz. Die Scheidung einer Ehe stellt somit kein religiöses Problem dar. Bei der Eheschließung ist es üblich, dass sich die Braut oder der Bräutigam (in Estichà herrscht in diesem Punkt Gleichberechtigung) der Familie des Partners anschließt. Diese Bindung wieder zu zerstören wird immer den Verstoß des Ehepartners aus der Familie die Folge haben, was einen großen Verlust an Ansehen und vor allem auch sozialer Sicherheit bedeutet, bringt der Eingeheiratete doch sein Vermögen mit in die andere Familie ein und erhält es bei einer Trennung nicht mehr zurück.
Diese Regelung (die in verschärfter Form auch für die Mehrehen gilt, bei der die Braut der Familie des Bräutigams beitritt) öffnet für eine ausgeklügelte Heiratspolitik Tür und Tor und nur allzu oft steht hinter einer Ehe das rein finanzielle Interesse der Familie.
Bei den Chirà wird Ehe und Heirat innerhalb der Kasten sehr verschieden bewertet. Da nur jeder vierte Chirà männlichen Geschlechts ist, kann sich eine Frau der unteren Kasten glücklich schätzen, wenn sie einen „ergattern“ kann. Und wenn sie einen hat, dann wird der auch nicht geteilt, will heißen, sie leben in Einehe. Allerdings dauern diese Einehen nicht sehr lange, denn nur allzu oft macht das Temperament der chiranischen Seele und die Eifersucht dem trauten Zusammenleben ein Ende. So sind viele chiranische Männer der unteren Kasten schon mehrmals verheiratet gewesen und niemand empfindet das als anrüchig oder ehrlos. Diese Einstellung führt auch dazu, dass bei einer Ehe der unteren Kasten der Clanname der Partnerin nicht dauerhaft angenommen wird und nach der Trennung der Chirà seinen vorherigen Familiennamen wieder annimmt. Die Kaste wird durch die Ehen nicht beeinflusst, sie bleibt ein Leben lang erhalten.
Bei den höheren chiranischen Kasten liegt die Sache anders: in der Priesterkaste werden oft keine Ehen geschlossen. Die Clanvorsteherin (meist auch Hohepriesterin) entscheidet, ob ein Clanmitglied das Zeugen von Kindern mit einem anderen erlaubt ist und ob sie in einer eheähnlichen Beziehung zusammenleben dürfen. Doch auch hier gibt es Ausnahmen in Form von klassischen Ehen.
Bei den Mondrai und Chrania ist die Ehe nahezu bedeutungslos. An ihre Stelle ist ein Ritual getreten, daß den Übertritt eines Clanmitgliedes zu einem anderen Clan symbolisiert und als „Heirat mit dem Clan“ bezeichnet werden kann. Denn bei den Chirà der Mondrai und Chrania ist es nicht üblich, sich auf Zweierbeziehungen auf Dauer einzulassen. Vielmehr ist es jeder Chirà gestattet, mit diesen eingeheirateten Chirà eine Beziehung zu pflegen und Kinder zu zeugen. So ist es üblich, daß ein eingeheirateter männlicher Chirà mit mehreren weiblichen Clanangehörigen Kinder zeugt - anders wäre der Mangel an Männern unter dem Volk der Chirà auch kaum auszugleichen. Somit kann man die Braut bei einer Hochzeit als Stellvertreterin für alle Frauen ihres Clans ansehen...
Dass diese freie Aufteilung nicht immer funktioniert und oft genug Quelle von dramatischen Eifersuchtsszenen ist, versteht sich von selbst...andererseits ist es aber auch so, dass man nicht sein Leben lang aneinandergekettet ist. Eine weitere Heirat oder Beziehungen zu anderen Chirà sind somit kein Problem und gesellschaftlich auch nicht verpönt.
Da die Ehe wie oben angesprochen ein Bund ist, der nur zwischen Vater und Mutter geschlossen wird, nicht jedoch zwischen zwei Liebenden, die ihr Leben miteinander verbringen wollen, sind gleichgeschlechtliche Ehen natürlich nicht bekannt.
Möchten sich zwei Partner ihrer gegenseitigen Liebe einen offiziellen Charakter geben, so wird gerne der Liebesbund geschlossen, eine Zeremonie, die in allen Tempel abgelegt werden kann, bevorzugt aber natürlich in denen der Jhoulana. Es handelt sich dabei nicht um eine Ehe, aber es ist das Versprechen von Treue in der Liebe und Zusammenleben. Nicht selten hält ein Liebesbund ein Leben lang. Untreue sowie in der Ehe als auch im Liebesbund wird je nach Charakter der Partner unterschiedlich bewertet - zwischen Liebe und sexuellem Verlangen wird jedoch im allgemeinen Unterschieden. Der Bordellbesuch einer verheirateten oder in einem Liebesbund befindlichen Frau rein zur Befriedigung körperlicher Bedürfnisse wird nicht als gesellschaftliches Vergehen bewertet - wie der Partner allerdings darauf reagiert, wird von Fall zu Fall unterschiedlich sein.